Bücher, Serien & Unterhaltung
Jetzt im Buchclub
Wir lesen die neuen Bücher von Alexa von Heyden und Marlene Sørensen. Plus 200 Freiexemplare!
von Marlene Sørensen - 01.11.2022
Wir hatten das nicht so geplant. Echt nicht. Es hat sich einfach ergeben, dass unsere Bücher, Alexas und meins, gleichzeitig erscheinen. Zudem handeln beide davon, wie zwei Frauen in der Lebensmitte ihren Weg suchen. Die thematische Ähnlichkeit wiederum ist kein Zufall, sind die Bücher doch biografisch.
Was wir mit Anfang 40 neben all dem, was „Mohn und Regen“ und „Und jetzt?“ an Lebenslektionen bereithalten, aber auch gelernt haben, ist, dass es viele verschiedene Geschichten über Frauen in diesem Alter gibt, die man erzählen kann. Erstens. Und zweitens: Wie oft ergibt sich schon die Gelegenheit, das Werk einer Freundin zu besprechen? Genau das machen wir nämlich in diesem Buchclub: Alexa hat „Und jetzt?“ gelesen, ich wiederum „Mohn und Regen“. Ihr bekommt in dieser Ausgabe damit zwei zum Preis von einem. Oder auch: Zwei Bücher zum Preis von keinem, denn wir verlosen je 100 Exemplare von „Mohn und Regen“ und „Und jetzt?“
Die Details, wie ihr an den Verlosungen teilnehmen könnt, findet ihr jeweils am Ende der Besprechungen. Kaufen bzw. vorbestellen kann man die Bücher selbstverständlich auch. „Mohn und Regen“ erscheint am 9. November 2022. „Und jetzt?“ wird am 15. November 2022 veröffentlicht.
Auch zu diesem Buchclub wird es wie gewohnt einen Liveabend geben. Den Termin im Dezember geben wir zeitnah bekannt.

„Mohn und Regen“ von Alexa von Heyden

Ich sollte damit beginnen, dass ich natürlich voreingenommen bin. Ich mag nämlich nicht nur, was Alexa ausmacht, sondern auch, wie sie davon erzählt. Eine Unterhaltung mit ihr bringt mich nicht nur oft zum Nachdenken, sondern resultiert ebenso oft darin, dass ich vor Lachen die Fassung verliere. Sie strahlt, und das war ab unserer ersten Begegnung klar, mit einer Wärme, zu der ich mich sofort hingezogen fühlte. Dem Klischee nach ist das ihre rheinische Frohnatur. Ich sehe in ihr eine Frau, die Schalk, Witz und eine Haltung hat, die an Coolness-Gehabe fundamental desinteressiert ist.
Es gelingt ihr, diese Direktheit und Ehrlichkeit auch in ihre Texte zu übersetzen, was, ich spreche da aus Erfahrung, wirklich nicht leicht ist – ob in ihren vielen Geschichten hier im Abo oder in ihren zwei vorherigen Büchern, dem SPIEGEL-Bestseller „Hinter dem Blau“ und „Meine Sonne. Mein Mond. Meine Sterne“ (bei dem Modebuch „Der Berliner Stil“ war sie außerdem die Co-Autorin von Angelika Taschen).
Als „Herz auf die Straße“ hat Alexa diesen Stil einmal selbst beschrieben. Ich würde sagen:

„Sie schreibt sich ihr Leben von der Seele.“ -

Auch „Mohn und Regen“ ist wieder ein sehr persönliches Buch. Sie setzt sich mit Themen wie Unfruchtbarkeit, Emanzipation, Familie, Frauenbildern und Mutter-Tochter-Beziehungen so unzensiert auseinander, dass man sich als Mitlesende*r aufgefangen und abgeholt fühlt. Alexa zu lesen bedeutet „Es geht nicht nur mir so!“ zu denken.
Alles beginnt damit, dass ihre Mutter, seit kurzem in Rente, beschließt, aus dem Haus auszuziehen, in dem Alexa ihre Kindheit verbracht hat. Alexa fährt zu ihr, um zu helfen, und stellt schnell fest, dass die beiden einiges vor sich haben, denn ihre Mutter hat über Jahrzehnte kaum etwas weggeschmissen. Während sie die Kartons mit Erinnerungen ausmisten, beginnt Alexa, ihr eigenes Leben neu zu sortieren. Sie ist nicht nur zu ihrer Mutter gefahren, um beim Umzug zu helfen, sondern auch weil sie eine Pause von den Strapazen der damals noch erfolglosen Kinderwunschbehandlung in Berlin brauchte. Wie soll es weitergehen?
Der Weg geht erst mal zurück in die Vergangenheit und Alexa beleuchtet, wie ihre Mutter sie geprägt hat, die sie und ihre Schwester allein aufzog, nachdem sich der Vater das Leben genommen hatte, als die Mädchen noch klein waren. „Wir hatten viele Sorgen, nachdem mein Vater gestorben war“, schreibt sie. „Es war nicht nur das Geld, das fehlte. Das Leben meiner Mutter war einsam. Wir Kinder konnten ihr nicht helfen. […] Wir waren anders, und damals wurde so etwas, im Gegensatz zu heute, nicht gefeiert, sondern verurteilt.“
Ihre Mutter war als Frau so stark, dass Alexa erst heute bemerkt, auf was sie verzichtet hatte. Und sie selbst? Wollte nach dem Schulabschluss einfach weg – Geld verdienen, Karriere machen und vor allem so unabhängig sein, wie ihr die Mutter immer wieder eingebläut hatte. Doch, so schreibt sie auch, ist sie damit nicht am Ende genauso einsam? „Meine erste Ehe ist zerbrochen, meine Zeugnisse will keiner sehen, und ich hangele mich von einem Freelancer-Job zum nächsten. Und jetzt kann ich noch nicht mal ein Kind bekommen!“
Hat sie sich mit ihren Träumen vertan? Wie würde ihre noch frische zweite Ehe die Kinderwunschbehandlungen überstehen?

„Wollte sie die Frau werden, die sie heute ist? Und wenn nicht, wer will sie dann sein?“ -

Auch für die Mutter beginnt eine Findungsphase, denn beim Aufräumen im alten Haus werden Erinnerungen an ihre erste große Liebe wach. An einen Mann, den sie dank Alexas Hilfe über Facebook in Kalifornien findet. Sie beschließt, hinzufliegen. Und Alexa fliegt mit.
„Mohn und Regen“ – der Titel greift auf, dass Mohnsamen nach langer Dürre nur einen Regenguss brauchen, um aufzublühen – ist: Roadtrip, Seelenstrip, Biografie. Alexa bewegt sich dabei gewandt zwischen berührenden Szenen und Slapstick-Einlagen (und denke an die Beschreibung, wie ihre Mutter am Security Check die Frikadellen abgeben muss, die sie als Mitbringsel für ihren kalifornischen Lover eingepackt hat – und verlier schon wieder die Fassung); konfrontiert sich mit ihren eigenen Versäumnissen, aber auch mit denen der Frauengenerationen vor ihr; und findet zwischen Berlin, dem Rheinland und der Pazifikküste Erlösung, Versöhnung und eine neue Beziehung zu ihrer Mutter. Und sich selbst.
Ich hatte erst gedacht, ich schreibe, dass es ein Buch für jede*n ist, der eine Mutter hat. Das wäre auch nicht verkehrt. Ich glaube aber, dass es noch mehr ein Buch für alle ist, die Texte suchen, die wie eine Freundin sind. Man kann sich an dem Buch anlehnen, mit ihm innehalten und sich davon inspirieren lassen, die Pfade zu beleuchten, die man eingeschlagen hat. Ich bewundere Alexa dafür, dass sie ihren Weg mit so viel Offenheit und Ehrlichkeit teilt. Es holpert, es gibt Umleitungen, es läuft nicht alles glatt. Aber es geht immer weiter. Ich wünsch ihr, dass sie mit so viel Lebensmut weitergeht. Und uns, dass sie dann bald das nächste Buch darüber schreibt.
So könnt ihr eins der 100 Freiexemplare von „Mohn und Regen“ gewinnen: Trage hier deine Kontaktdaten ein. Der Verlag lost dann die Gewinner*innen aus und lässt ihnen per Post ein Exemplar zukommen. Die Verlosung endet am 15. November 2022. Viel Glück!

„Und jetzt?“ von Marlene Sørensen

In meinem Exemplar von Marlenes Buch leuchten viele Stellen neongrün, weil ich sie mit Marker angestrichen habe. Nicht nur, weil ich einen Text über ihr Buch schreiben sollte, sondern auch, weil ich nicht vergessen will, was da steht. „Erwachsensein, habe ich einmal gehört, ist die Fantasie, dass nächste Woche alles besser wird.“ Für mich ein klassischer Sørensen, ein melancholischer, aber auch lustiger Satz, den ich am liebsten ausschneiden und als Erinnerung in mein Portemonnaie stecken möchte. Aber ich zerschneide natürlich keine Bücher. Eher überlege ich, ob ich mir einen Nachttisch mit Schublade kaufen soll. Ich möchte Marlenes Buch nicht ins Regal stellen, sondern immer griffbereit wissen, wenn nachts aufgrund hormonbedingter Schlaflosigkeit Fragen wie „Wie überwinden wir die Furcht?“ oder „Ist das normal?“ in meinem Kopf spuken. Das sind zwei von 15 Fragen, die sie sich in „Und jetzt? Fragen an das Leben mit 40. Antworten für immer“ stellt. Marlene ist in meinem Kopf.

„Auf jeder Seite steht etwas Wahres über sie, aber auch mich.“ -

Etwas, das nur ich weiß und ich noch nie mit jemandem geteilt oder besprochen habe. Dass ich mit meinen eigenen Kopfkissen verreise, ich es bei einer Online-Reisebuchung als unhöflich empfinde, wie weit ich bei meinem Geburtsjahr (1978) inzwischen nach unten scrollen muss. Und woher weiß sie, dass ich einen Entsafter, Jaderoller, Spiralschneider, Apps für weniger Screen Time und als Einschlafhilfe, Trinkpulver für Glow und gegen schädliche Umwelteinflüsse, Palo-Santo-Räucherholz, Rosenquarz, Meditationskissen und ätherische Öle besitze? Weil sie diese Dinge auch hat. Sie nennt sie ihre „Halde der guten Absichten“. Eine von vielen Stellen in dem Buch, an denen ich lauthals gelacht habe. Das tat gut und war viel besser, als der versprochene Effekt der oben genannten Lifestyle- Produkte.
Ich weiß noch, als ich Marlene das erste Mal gesehen habe. Sie lief auf der anderen Straßenseite in Berlin. Voller Bewunderung blickte ich ihr hinterher, denn ich wusste, für welche Magazine sie schrieb. Für mich war sie Carrie Bradshaw, die da lief. Ich war nie neidisch auf Marlene, weil ich wusste, dass wir in einer anderen Liga spielen. Nicht besser oder schlechter, einfach anders. Im Laufe der letzten Jahre habe ich ihre Arbeit verfolgt, nicht nur als Kollegin, sondern inzwischen auch als Freundin. Ich bin immer noch heilfroh, dass sie damals eine Akteurin für eine Geschichte über Sammlerinnen suchte und mich und meine weißen Blusen fand. Wir unterstützen uns seitdem, was auch immer wir Neues vorhaben. Sie schrieb einen Blogartikel über mich und nannte mich darin einen „Hippie in Chanel“. Bis heute hat niemand meinen Charakter so gut beschrieben wie Frau Sørensen. Und genau das ist ihr Talent: Sie beobachtet, analysiert und bringt die Dinge, ohne zu schwafeln, auf den Punkt.
Ihre Sprache ist klug und präzise, aber auch humorvoll und lässig ironisch, was meiner Meinung nach daher kommt, dass Marlene viel britische Literatur und Magazine liest. Ich fühle mich weltgewandter, wenn ich ihre Texte lese. Dieses Buch ist nicht nur zum Schmunzeln und Wohlfühlen. Ich habe so was von geheult in dem Kapitel, in dem Marlene über die Mutterschaft eines behinderten Kindes schreibt. Als Freundin hätte ich mich nie getraut, sie diese Dinge zu fragen, die sie hier aufs Papier bringt: was ihr Sohn genau hat, was die Ärzt*innen und Logopäd*innen über seine Entwicklung sagen und wie Marlene selbst eine Therapie brauchte, um damit klarzukommen. Nicht weil das Leben mit ihrem wirklich einzigartigen Sohn schwer ist, sondern weil es ihnen oft so schwer gemacht wird. Schöne Grüße an die Sozialarbeiterin an dieser Stelle! In den letzten Jahren habe ich gesehen, wie Marlene Gebärdensprache gelernt hat, sich für die therapeutische und schulische Begleitung ihres Sohnes durch die deutsche Bürokratie fummelte und niemals aufhörte, für ihr Kind zu kämpfen. „Er bekommt jede mögliche Hilfe, doch es war mein Missverständnis, dass es eine Behinderung zu bewältigen gilt, als wäre sie separat vom Menschen. Ich musste lernen, ihm zu helfen, aber nicht zu erwarten, dass er ‚normaler‘ wird“, schreibt sie und ich lerne so viel von ihr in diesem Kapitel wie gefühlt das letzte Jahr nicht.
Ich kenne Marlene über zehn Jahre, aber mit 30 hätte sie dieses Buch nicht schreiben können. „Jede Entscheidung für etwas war eine Entscheidung gegen etwas anderes“, weiß sie. Und da stehen wir jetzt und schauen auf unser Leben als Frauen über 40, aber auch unsere Karrieren, Männer, Kinder und Körper. „Und jetzt?“ ist für mich kein Ratgeber. Durch den liebevollen Blick auf uns, aber auch eine der Lebenserfahrung bedingten entspannten Ehrlichkeit gelingt Marlene mit ihrem Buch etwas, das wir mehr brauchen als Jaderoller und Spiralschneider:

„zu erkennen, dass uns Frauen mehr verbindet, als uns trennt.“ -

In „Und jetzt?“ ist Marlene ich und ich bin Marlene. Einer der Sätze, der in meinem Buch jetzt neongrün leuchtet: „Manches in diesem Alter wird von Ängsten begleitet: die Verantwortung, die Fallhöhe der Entscheidungen, die Abschiede. Fast alles daran ist einfacher zu tragen, wenn es geteilt wird. In Gesellschaft dieser Frauen macht mich die Vierzig nicht betroffen, sondern hoffnungsvoll.“ Ich muss kurz wieder heulen und dann bin ich es auch. Hoffnungsvoll.
So könnt ihr eins der 100 Freiexemplare von „Und jetzt?“ gewinnen: Trage hier deine Kontaktdaten ein. Der Verlag lost dann die Gewinner*innen aus und lässt ihnen per Post ein Exemplar zukommen. Die Verlosung endet am 15. November 2022. Viel Glück!
Fotos: James Castle (Porträts); Rowohlt („Und jetzt?“); Diana Verlag („Mohn und Regen“)

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