Mein erstes Mal hatte ich mit einem Jungen aus meiner Schule. Es bedarf nicht vieler Worte, denn es war nicht besonders schön oder romantisch. Vielmehr wollte ich damit in den Club der Coolen und Erfahrenen aufsteigen. Wenn ich sage, dass ich rückblickend lieber noch hätte warten sollen, dann bin ich damit wohl nicht allein, aber als Teenager hat man andere Prioritäten. Kurze Zeit später verliebte ich mich so richtig in einen anderen Jungen aus meinem Ort und fand mich in meiner ersten längeren Beziehung wieder. Wir waren beide sexuell noch recht unerfahren und tasteten uns so über Küssen und Petting bis zum ersten gemeinsamen Sex heran. Mit fast 16 Jahren wusste ich natürlich noch nichts über die vielen Möglichkeiten und ebenso wenig über mich und meine Wünsche. Zum Glück fand meine Neugierde in dieser Beziehung das nötige Vertrauen, um Neues auszuprobieren.
An eine wilde Aktion kann ich mich noch sehr gut erinnern: Meine Familie war unterwegs und ich hatte das Haus für mich allein. Also habe ich für meinen Freund kleine Zettelchen geschrieben und überall verteilt. Sie führten von der Haustür über mehrere Stationen zu meinem Zimmer. Dort erwartete ich ihn aufgeregt in meiner neuen Spitzenunterwäsche. Die Zettelchen enthielten neben Wegweisern auch kleine Aufgaben, wie „Zieh deine Hose aus“, sodass er letztendlich nur in seiner Unterhose bekleidet in meiner Tür stand. Das gab uns beiden einen unheimlichen Kick. Nachdem er zu mir ins Bett gekommen war, küssten wir uns erst vorsichtig, dann immer sinnlicher, bis wir unsere Körper intensiv erforschten und schließlich heißen Sex hatten.
Ich weiß noch, wie mich schon damals die Drogerie-Seiten im Otto-Katalog mit den verschiedenen Kondomen, aber auch Vibratoren und Dildos faszinierten. Natürlich habe ich mir die Seiten nur heimlich angeschaut und war stets bereit, schnell zu den T-Shirts oder Schuhen zu blättern, falls doch jemand zur Tür hereinkam.
„Selbst ist die Frau und so dachte ich, dass entsprechend geformtes Gemüse eine gute Alternative sein könnte.“ -
Ich stülpte ein Kondom darüber und los ging’s. Um es kurz zu machen: Es war einfach nicht geil. Vielleicht sollte man das Gemüse nicht direkt aus dem Kühlschrank nehmen.
Auch so mancher Film hat mich damals geprägt. Die Verführungsszenen in
Eiskalte Engel (1999), die jugendfreien Sexszenen in
American Pie (1999) oder in
Crazy (2000). Mit den Eltern superpeinlich, aber allein oder mit dem Freund oder Freund*innen hochinteressant. Wirklich authentische Sexszenen sucht man in diesen Filmen leider vergebens. Amerikaner*innen scheinen nur unter der Bettdecke zum Höhepunkt zu kommen und auch sonst läuft es oft nach dem gleichen Schema ab. Das fand ich schon immer sehr schade, da ein stimmiger Film mit der passenden Story meine Lust einfach entfachen kann.
Nach meiner ersten Langzeitbeziehung folgten mehrere kürzere Beziehungen. In dieser Phase lernte ich viel über meine Vorlieben, aber auch meine Abneigungen.
„Ich konnte viel probieren, aber es war für mich auch sehr wichtig, meine Abneigungen offen zu kommunizieren und dass diese respektiert werden.“ -
Dazu zählt auch, wenn jemand gerade keine Lust auf Sex hat. Dem*Der Partner*in zuliebe mitzumachen ist herabsetzend und auch ihm*ihr gegenüber unfair.
Mit 18 Jahren begegnete ich in der Dorfdisko einer Schulfreundin. Sie hatte den Mut gefunden, sich als lesbisch zu outen, und ich fühlte mich auf magische Weise zu ihr hingezogen. Unsere Treffen nach jener Nacht wurden immer tiefgehender. Sie war unglücklich in ihrer Beziehung und beendete sie schließlich. In diesem Moment sah ich meine Chance gekommen, und wir kamen einander immer näher.
Mein erstes Mal mit einer Frau war etwas Besonderes für mich: So neu und so aufregend, da alle vorherigen Erfahrungen in diesem Moment einfach nicht taugten. Der Sex gefiel mir so gut mit ihr. Frauen, ihre Körper und ihre Sinnlichkeit sprachen mich schon immer an, sodass mein Jugendzimmer tatsächlich mit wunderschönen Frauen aus dem Playboy dekoriert war. Aber so weit zu gehen, dass ich selbst einmal Sex mit einer Frau haben würde, hätte ich nie gedacht. Ich glaube aber, ich bin da kein Einzelfall und viele heterosexuelle Frauen sind einer solchen Erfahrung nicht abgeneigt.
Damals gab es noch eine Vielzahl von Erotikmessen. In jeder Großstadt gab es gefühlt mindestens einmal pro Jahr eine. Heute gibt es EIS oder OnlyFans. Als ich mit meiner Freundin einmal eine Erotikmesse besuchte, war es für mich eine unvergessliche Erfahrung. Ich war regelrecht begeistert von der Vielfalt an Sexspielzeugen, Fesseln, Peitschen, Dessous und vor allem von den Menschen um uns herum, die ebenso neugierig wie einkaufsfreudig waren.
„Wir entschieden uns schließlich für ein kleines, aber feines Hand-und-Fußfessel-Set mit Klettverschluss, das uns große Freude bereitete.“ -
Etwas verstörend empfand ich die Show mit einem halbnackten, durchtrainierten und eingeölten Mann, der erst zur Musik tanzte und sich dann immer weiter auszog. Eine begeisterte Menge von Frauen jubelte ausgelassen und ermutigte ihn weiterzumachen. Als nur noch der Stringtanga übrig war, der seine Männlichkeit gerade so im Zaum halten konnte, holte er sich eine junge Frau aus der Menge auf die Bühne. Auf einem Stuhl sitzend, stand er direkt vor ihr, legte ein großes Tuch über sie und sich selbst. Was nun passierte, wissen nur die beiden. Womöglich hat er ihr seinen Penis vorgeführt und sie durfte ihn vielleicht sogar berühren. In diesem Augenblick wurde mir sehr bewusst, wie oberflächlich das ist und wie unwohl ich mich tatsächlich auf der Messe gefühlt habe. Seitdem habe ich nie wieder eine Erotikmesse besucht.
Ich war voll und ganz auf Frauen fixiert. Es folgten kurze Abenteuer und auch ein Dreier war dabei. Als ich mich gerade in einer etwas längeren, aber unglücklichen Beziehung wiederfand, lernte ich meinen zukünftigen Mann kennen. Mit ihm fühlte sich plötzlich alles so viel leichter an. Anfangs hatten wir weniger klassischen Sex, sondern es ging viel um Nähe, viele Küsse und Berührungen. Es gab Abende, die wir auf dem Sofa verbrachten und an denen wir uns ausschließlich gegenseitig berührten und streichelten. Überall. Es war so sinnlich und gleichzeitig berauschend. Als wir dann doch auf die Uhr schauten, war es schon früh um halb fünf und er fuhr wieder zu sich nach Hause, um ein wenig schlafen zu können. Wir konnten einfach nicht voneinander lassen. Es war genau das, was ich in diesem Moment gebraucht habe. Wir mussten nicht darüber reden, wir fühlten es beide.
Nun schaue ich gern mit ihm Filme an. Besonders empfehlenswert und mit bemerkenswerten Impulsen zur sexuellen Selbstfindung waren
Drei (2010),
Freier Fall (2013) und
Blau ist eine warme Farbe (2013). Einmal hatten wir Freikarten für
Berlin Calling (2008) gewonnen. Wir waren fast allein im Kino und die Musik hat uns in eine Art Rausch versetzt, sodass wir zwar in unseren Sesseln sitzen blieben, aber unsere Hände den Körper des anderen heimlich lustvoll erforschten. Heute würde ich mich das wahrscheinlich so nicht mehr trauen.
„In den inzwischen 15 Jahren gab es immer wieder Phasen, wo wir kaum voneinander lassen konnten, und ebenso Zeiten, in denen wir gar keine Lust auf Sex hatten.“ -
Diese Pausen tun uns unheimlich gut. Irgendwie fühlt sich der Sex nach einer zwei- oder dreiwöchigen Auszeit intensiver und lebendiger an. Wir planen oder verabreden diese sexfreien Zeiten nicht. Sie passieren einfach. Wenn mich die Lust packt, dann ziehe ich manchmal keinen Slip an und präsentiere ganz dezent meine Vulva meinem Mann in passenden Momenten. Das macht ihn unheimlich an.
Meine neuste Errungenschaft dieses Jahr war dieser
Druckwellenvibrator. Holla, die Waldfee, sag ich nur. Ich habe mir vorher nicht viel aus Selbstbefriedigung gemacht. Mir gefällt es einfach nicht, mit der Hand stimuliert zu werden, egal ob von mir selbst oder jemand anderem.
Und sich selbst oral zu befriedigen, geht ja nicht. Beim Stöbern durch den Online-Erotikshop entdeckte ich das merkwürdige Gerät und las die begeisterten Kommentare dazu. Ich war wirklich neugierig, was das Teil taugt, legte es in meinen Warenkorb und klickte auf Kaufen. Nach drei Tagen war das Paket da und ich testete den Vibrator abends allein im Schlafzimmer aus. Nach ein bis zwei Minuten hatte ich einen Orgasmus. Das war so unglaublich heftig und so unerwartet. Seitdem mache ich es mir öfter mal selbst. Vor allem nach einem stressigen Tag, egal ob im Bett, auf dem Sofa oder in der Badewanne.
Neulich abends durfte ich eine sinnliche Rückenmassage mit Mandelöl genießen. Wir beide wollten mehr und mein Mann bot an, mich zu fesseln. Ich sollte mich also hinstellen und er begann das schwarze Seil an meinen Körper anzulegen. Aber ich fühlte mich nicht wohl damit. Was er machte, war einfach nicht stimmig, weil ich mir das irgendwie anders vorgestellt hatte. Ohne lange zu zögern, teilte ich es ihm mit, obwohl ich wusste, dass es ihn vor den Kopf stoßen könnte.
Doch für mich gibt es nichts Schlimmeres, als mich in einer solchen Situation unwohl zu fühlen. Also öffnete mein Mann alle Knoten und ich war wieder frei. Die Stimmung war jetzt natürlich im Eimer. Wir legten uns erst einmal nebeneinander und redeten darüber. Ich fragte ihn schließlich, ob er nicht nur meine Brüste einschnüren möchte. Meine Nippel werden dabei unglaublich empfindlich und leicht erregt. Er war sofort dabei und legte die Seile straff um meine Brüste. Ich revanchierte mich, indem ich mich auf sein Gesicht setzte, sodass er mich gleichzeitig lecken und meine Brüste stimulieren konnte. Der Anblick und die Reize brachten meinen Körper in Wallung und letztendlich zum Orgasmus. Er nahm mich anschließend noch von hinten und kam ebenfalls. Hätten wir nach dem Fessel-Fauxpas nicht miteinander gesprochen und wäre er nicht so verständnisvoll gewesen, wäre an dem Abend nichts mehr gelaufen.
„Es ist so unglaublich wichtig, über alles reden zu können.“ -
Auch wenn ich weiß, dass ich wahrscheinlich nicht mehr mit einer Frau zusammen sein werde, genieße ich sehr die intime Zeit mit unseren Freunden, mit denen wir regelmäßig Sex haben. Den passenden Artikel findet ihr
hier. Aber wer weiß, was in den nächsten Jahren noch auf mich bzw. uns als Paar zukommt. Das mit unseren Freunden hätte vorher auch keiner geahnt und aus unserem Umfeld tut es hoffentlich auch keiner. Ich bin und bleibe offen für Neues.
Eure
Anni