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Wir lesen „Die gereizte Frau“ und treffen die Autorin zum Liveabend.
von Marlene Sørensen - 01.05.2022
Könnt ihr euch noch an euer erstes Aufklärungsgespräch erinnern? Ich nicht, denn das eine, große Gespräch hatte ich als Teenagerin nicht. Als die Periode kam, versorgte meine Mama mich mit Binden, fragte, ob ich Fragen hätte, was ich, in meiner Erinnerung, nur mit einem peinlich berührten „Nein“ beantwortete. Ich werfe das weder ihr noch mir vor. Wir wussten einfach beide nicht so recht, wie wir damit umgehen sollten. Was es über meinen Körper zu wissen gab, baute ich mir vor allem aus dem Sexualkundeunterricht, Gesprächen mit Freundinnen und Besuchen beim Gynäkologen zusammen. Wobei „wissen“ übertrieben ist. Vielmehr verstand ich, dass es bestimmte Dinge als Frau einfach zu akzeptieren gilt, wie die monatlichen Krämpfe, die für jede*n sichtbare (und häufig kommentierte) Veränderung der Figur, die Unsicherheit rund um Sexualität.

„Nun steht mir die nächste große Veränderung als Frau bevor: die Wechseljahre.“ -

Diese Perimenopause umfasst eine Zeitspanne von rund zehn Jahren, beginnt meist mit Anfang 40 und endet mit dem Ausbleiben der Periode, der Menopause. Ich halte das bewusst vage, denn es gibt über die Perimenopause nur wenige Langzeitstudien (in der Medizin gilt noch immer vornehmlich der Mann als Mensch, an dem geforscht wird). Bei manchen Frauen setzt sie früher ein, bei anderen später. Manche berichten von unregelmäßigen Blutungen und rasanten Stimmungsschwankungen, einem ständigen Wechsel zwischen bleierner Müdigkeit und aufgescheuchter Energie – beispielsweise ich. Andere liegen nachts plötzlich stundenlang wach und erleben unfassbare Hitzewallungen, haben Herzbeschwerden und Angstzustände. Einige haben wiederum keine Symptome. Was jedoch den meisten gemein ist, ist eine Verunsicherung darüber, was einen erwartet.
Die Wechseljahre gelten auch in der Gegenwart noch immer als Tabu. Im Englischen nennt man sie so betulich wie schlicht the change, was klingt, als würde man sich ein neues Kleid anziehen, und nicht, als habe man das Gefühl, der gesamte Körper würde sich umstülpen. So wird auch häufig der Eindruck vermittelt, wenn einem dieser Wechsel zu schaffen macht, solle man das bitte mit sich und in aller Stille klären. Statt Aufklärung oft: Schulterzucken. Ich höre von Freundinnen in ähnlichem Alter wie ich immer wieder, dass sie selbst nach Blutentnahme und Hormonspiegelmessung von ihren Hausärztinnen oder Gynäkologen als Rat vor allem mit auf den Weg bekommen: „Tja, da müssen Sie durch, viel Glück.“
In letzter Zeit haben sich die Gespräche über den weiblichen Körper jedoch verändert. Beispielsweise wird die Unterleibserkrankung Endometriose nicht mehr lediglich als weibliche Befindlichkeit verstanden, sondern als ernstzunehmendes medizinisches Forschungsgebiet; es wird immer offener über Unfruchtbarkeit und Schwangerschaftsabbrüche, über Körperformen und Sex gesprochen.
Und auch die Wechseljahre sind zum Gesprächsthema geworden.
Eine Frau, die es dazu macht, ist Miriam Stein. Von der Journalistin, Autorin und Schriftstellerin erscheint in diesen Tagen „Die gereizte Frau“, ein umfassender, kritischer und kluger Blick auf die Perimenopause. Man könnte auch sagen: Ein Aufklärungsbuch, denn sie räumt mit Mythen, Widersprüchen und Falschinformationen über das mittlere Alter auf, die ihr selbst begegneten, als sie Anfang 40 war und plötzlich Fragen hatte (was ich nicht nur weiß, weil sie davon im Buch berichtet, sondern auch, weil sie eine gute Freundin ist).
Sie schreibt:

„„Dies ist kein Survival- oder Trauerbuch, sondern das Angebot, offen über ein Thema zu sprechen, das die Hälfte der Erdenbewohnerinnen betrifft: das biologische Ende der weiblichen Fruchtbarkeit.““ -

Sie tut das mit radikaler persönlicher Ehrlichkeit, wenn beispielsweise Fragen nach familiären Vorerkrankungen sie ratlos machen, da sie – Stein ist Adoptivkind – ihre leiblichen Eltern nicht kennt, oder wenn sie ihr wachsendes Unvermögen damit konfrontiert, Alltagsrassismus runterzuschlucken. Nein, danke, Frau Stein möchte sich nicht mal kurz beruhigen. Sie spricht jedoch nicht nur aus eigener Erfahrung, sondern mit einer Reihe von Expert*innen, darunter der Gynäkologin Sheila de Liz, der Heilpraktikerin Anja Scherret, der Gesundheitswissenschaftlerin Theda Borde oder der Schriftstellerin Mirna Funk, die Mythen über Hormonersatztherapie und Social Freezing, weiblichen Zorn und vaginale Atrophie entwirren.
Genau: vaginale Atrophie. Habe ich mir notiert, ist die Verdünnung des Genitalgewebes als Folge eines verminderten Östrogenspiegels. Ebenso wie Ansätze über naturidentische Hormone oder Einsichten zu dem Einfluss von Zucker auf den alternden Körper. Je weiter ich im Buch kam, desto kleiner wurde der Stapel mit den Post-its daneben.
So lehrreich „Die gereizte Frau“ ist: Trockener Lesestoff ist es nicht, sondern ein offenes und unterhaltsames Buch, das sich auch mit körperlich unangenehmen (Regelblutungen wie in einem Splatterfilm) und gesellschaftlich heiklen Themen (kosmetische Eingriffe vs. natürliches Altern) auseinandersetzt. Vor allem ist es ein empathisches Buch über eine Zeit im Leben, in der man sich besondere Selbstfürsorge zukommen lassen sollte, statt sie im Stillen zu ertragen.
Und so freue ich mich besonders, dass wir Miriam Stein zum Livetalk treffen werden. Dieses Gespräch wird im Juni 2022 stattfinden, den Termin geben wir bekannt, sobald er feststeht. (Im Mai treffen wir Lucy Fricke, die Autorin von „Die Diplomatin“, zum Livetalk, die Aufzeichnung findet ihr im Post zu den Juni-Liveklassen.) 
So könnt ihr eines von 60 Exemplaren von „Die gereizte Frau“ gewinnen: Schickt bis zum 16. Mai 2022 eine E-Mail inklusive eurer Adresse an goldmann-gewinnspiel@penguinrandomhouse.de, der Goldmann Verlag lost die Gewinner*innen aus und benachrichtigt sie. Viel Glück!
Miriam Stein wird im Livetalk aus dem Buch vorlesen und ich werde sie dazu interviewen. Wenn ihr Fragen für das Gespräch habt, hinterlasst sie gerne vorab in den Kommentaren. Und teilt eure Meinung auch sonst gerne hier im Buchclub.
Ich bin gespannt und freue mich darauf!
Eure
Porträt von Miriam Stein: Robert Rieger

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