Immobilien & Wohnen
Raus mit euch!
Wer Angst vor einem Hauskauf hat, kann sich entspannen, sagt Miriam Jacks und gibt gute Tipps, wie man die Suche angehen kann.
von Marie Kahle - 21.08.2019
Die Stadt wird nicht für immer unser Zuhause bleiben. Diese Erkenntnis ereilt früher oder später viele Familien, die ein Haus kaufen möchten und sich mit den horrenden Immobilienpreisen der deutschen Innenstädte beschäftigten. Auch die Vorstädte sind zum Teil schon vollflächig abgegrast, weshalb immer mehr Familien die Stadtgrenze verlassen und ihr Glück auf dem Land suchen. Der Wunsch, dass die Kinder im eigenen Garten toben können, ohne dass sich ein Nachbar beschwert und man monatliche Mieten nicht an den Vermieter verschenkt, sondern als eigene Kapitalanlage verwendet, kommt vielen bekannt vor.
Auch Steffi und ihre Familie suchen gerade ein Haus und so kamen wir auf die Idee, in den nächsten Monaten hier viele Fragen zum Thema Hauskauf und verschiedenste Wohnmodelle (auch zur Miete) vorzustellen. In der Stadt, auf dem Land, mit Wochenendhaus und und und.
Denn selbst wenn man es gefunden hat – das Haus im Grünen, kommen  Zweifel und Befürchtungen auf. „Besuchen uns dann überhaupt noch Freunde?“, „Kann ich wirklich auf Restaurants, Bars und Kino verzichten?“, „Wird uns die Provinz glücklich machen?“ und „Können wir nachts trotz hoher Verschuldung noch schlafen?“
Den Anfang macht Beauty-Expertin Miriam Jacks. Bekannt wurde sie als Make-up Artist und Shopbesitzerin. Heute arbeitet Miriam als Creative Director, hat eine eigene Agentur namens JACKS beauty department und ist Gründerin der handgefertigten Make-up Pinsel JACKS beauty line  – und eigentlich war Miriam nicht mehr aus dem urbanen Hauptstadtbild Berlins wegzudenken.
Bis vor einem Jahr. Da kaufte sich Miriam gemeinsam mit ihrem Mann Christian ein altes Haus im ca. 15 Kilometer entfernten Köpenick, einem Stadtteil im Osten Berlins, in das sie gemeinsam mit ihrem 3-jährigen Sohn Noah einzogen. Die Familie renovierte das komplette Haus, riss Wände heraus, baute Fenster ein und erschuf sich die Oase, von der sie immer geträumt hat. Miriam ist ein gutes Beispiel dafür, dass es sich lohnt mutig zu sein und dass man sich nicht von hohen Krediten abschrecken lassen darf. Richtig gute Tipps für die Suche, fürs Renovieren und Einrichten hat sie auch noch verraten.
Viel Spaß beim Lesen des Interviews!
Herzlich, Marie
Liebe Miriam, ist es dir schwer gefallen Berlin Mitte zu verlassen?
Es war immer mein Traum ein altes Haus zu kaufen und auszubauen. Natürlich mit Garten. Und wo findet man sowas noch in der Stadt? Also wussten wir von vorne herein, dass wir uns außerhalb des Stadtzentrums umschauen müssen. Wir waren für alle Stadtteile offen, doch immer wenn etwas Interessantes reinkam, war es in Köpenick. Gerade als wir eine Pro- und Contraliste für den Stadtteil erstellten, bekamen wir die Zusage für unser jetziges Haus. Das sollte wohl so sein. Unsere größte Sorge war es, dass wir jeden Tag lange mit dem Auto fahren müssen. Heute sehe ich die Autofahrt als Zeit für mich an, in der ich Podcasts höre oder ganz ungestört nachdenken kann. Auf der Heimfahrt entstehen meine besten Businessideen.
Jetzt wollen natürlich alle wissen, wie du dein Haus gefunden hast.
Mein Tipp: Beauftragt so viele Makler wie möglich und schaut jeden Tag – morgens, abends und evtl. noch mittags – bei den Immobilienportalen rein. Auch eine Anzeige bei Ebay Kleinanzeigen zu schalten, kann helfen. Es ist außerdem super wichtig gleich alle Unterlagen beisammen zu haben, denn wenn das richtige Haus gefunden wurde, muss man sich meist innerhalb kürzester Zeit entscheiden. Mein Mann und ich waren für unser Haus nicht die einzigen Bewerber. Insgesamt hatten 6 Familien Interesse und irgendwann wurde das Bieter-Verfahren eröffnet. Unsere oberste Schmerzgrenze lag bei 600.000 Euro, schließlich muss man immer noch ca. 15% Nebenkosten dazurechnen. Also kam mein Mann auf die Idee ein Bewerbungsvideo zu machen. Das kam so gut an, dass wir das Haus bekamen, obwohl wir "nur" 10.000 Euro mehr geboten hatten.
Viele hadern vor einem Hauskauf mit der hohen Verschuldung durch einen Kredit. Wie bist du mit der finanziellen Belastung umgegangen?
Wir haben einen Kredit in Höhe von 750.000 Euro aufgenommen, dazu kamen 55.000 Euro Eigenkapital. Da das Haus jedoch schon beim Kauf auf 780.000 Euro geschätzt wurde und damit wertvoller war als der Kaufpreis, fiel uns die Entscheidung leicht. Durch unseren Ausbau ist es nun noch mehr wert und das Geld geht als monatliche Rate vom Konto ab – genau wie eine Miete. Für uns ist es wie eine Geldanlage. Die Summe von 2300 Euro im Monat (mit allem drum und dran) zahle ich nun deutlich lieber als vorher die Miete.

„Wir fühlen uns nicht verschuldet, obwohl wir das eigentlich sind.“ -

Was würdest du anderen raten, die mit dem Gedanken spielen ein Haus zu renovieren?
Unbedingt machen! Mir hat es so viel Spaß bereitet und es wird sicher nicht das letzte Haus gewesen sein, das ich gekauft habe. Bevor man aber den finalen Kaufvertrag unterschreibt, sollte man unbedingt mit einem Bauleiter durch das gesamte Haus gehen und checken lassen, ob die Bausubstanz gut ist. Wasserschäden, ein defektes Dach oder gar Schimmel in den Wänden können hinterher richtig Ärger und enorme Kosten bereiten. Wenn alles in Ordnung ist, rate ich immer sich direkt einen schriftlichen KVA geben zu lassen, in dem man herausfinden kann, ob die Umbau- und Sanierungsarbeiten auch finanziell machbar sind. Ich empfehle immer, dass man mindestens 20-25 % on top kalkuliert, aber diese Summe nicht mit den Dienstleistern kommuniziert. Vieles kann man selber machen. Beispielsweise habe ich alles selber gekauft und nur noch einbauen lassen. Das hat eine Menge Geld gespart. Erfordert jedoch auch Zeit und ein wenig handwerkliches Geschick.
Was war denn eure größte Herausforderung beim Renovieren?
Tatsächlich das Zeitmanagement. Oft hat vieles sehr viel länger gedauert als geplant. Das kann vor allem passieren, wenn es sich um einen Altbau handelt und man vorher nicht zu 100% sagen kann, was sich hinter den Wänden verbirgt. Auch die Lieferung der Möbel kam oft nicht rechtzeitig an oder wurde falsch zugestellt. Bedenkt immer, dass alles länger dauert. Man kann nichts daran ändern, deshalb darf man sich nicht verrückt machen, sondern muss versuchen entspannt zu bleiben. So spart man sich eine Menge Kummer, Tränen und Stress.
Wie bist du bei der Einrichtung des Hauses vorgegangen? 
Ich habe lange über den Stil nachgedacht, den ich mir für mein Eigenheim wünsche. Mein Moodboard ist über viele Monate mit dem Ausbau des Hauses gewachsen. Oft habe ich die Wandfarbe oder die Möbel für die ich mich entschieden habe im Moodboard zusammengebaut und mich dann nochmal umentschieden.
Hat man mit einem Haus auch wirklich mehr Arbeit? 
Auf jeden Fall! Wir haben es ganz schön unterschätzt, was es bedeutet einen so großen Garten zu pflegen. Als wir 9 Tage im Urlaub waren, war das komplette Beet im Eingangsbereich, was wir vorher noch mühevoll bepflanzt haben, zugewuchert mit Unkraut. Das hört sich jetzt vielleicht posh an, aber wir haben seit Neustem einen Gärtner. Er ist nicht günstig, aber es ist mir das Geld wert, damit alles gepflegt aussieht.  Ich komme nicht wirklich zur Ruhe, denn im eigenen Haus gibt es immer etwas zu tun. Wir sind nie zu 100% fertig, was aber auch super viel Spaß macht. Dafür bin ich aber glücklicher, zufriedener und gelassener als vorher.
Kommen euch noch viele Freunde aus der Stadt besuchen?
Freunde ohne Auto kommen selten bis gar nicht mehr vorbei. Zum Glück sind wir auch jederzeit bereit in die Stadt zu fahren. Andere Freunde die mobil sind, kommen dagegen sehr gerne, weil es bei uns ruhig und entspannt ist.
Vermisst du denn manchmal das urbane Leben mit Restaurants, Bars, Shops aus der Innenstadt?
Tatsächlich nicht. Unsere Sorge beim Hauskauf in Köpenick war, dass es vielleicht zu weit außerhalb ist – doch uns stört die Entfernung nicht, ganz im Gegenteil. Die Autofahrt ist wie mein zweites Office und wir wohnen jetzt wie andere Urlaub machen. Wir sagen uns jedes Wochenende, dass wir so dankbar für die Entscheidung sind raus gezogen zu sein. Und wenn wir Lust auf die Stadt haben, sind wir in 30 bis 40 Minuten auch überall.
Viele hadern damit sich auf einen Wohnort für lange Zeit oder sogar für immer festzulegen. Wollt ihr im Haus wohnen bleiben oder nur für eine bestimmte Zeit?
Da mein langfristiger Plan ist Interior Design zu meinem Beruf zu machen, wird das Haus sicher nicht das letzte gewesen sein, welches ich ausgebaut habe. Aktuell bin ich einfach froh, dass wir nach insgesamt vier Umzügen endlich eine Heimat gefunden haben. Das soll sich auch nicht so schnell ändern. Aber ich liebe es auch alten Häusern neuen Glanz zu verleihen.
Vielen Dank für das Gespräch, liebe Miriam!
Fotos – Sophia Lukasch

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