Gefühle & Gedanken
Kann das was?
Wir haben drei nachhaltige Ideen getestet: Festes Shampoo, Essensrettung und Menstruationstassen.
von Lesley-Ann Jahn - 01.11.2019
Es sind die kleinen Schritte, mit denen die Weltrettung im Alltag beginnt. Davon bin ich schwer überzeugt. Denn erstmal geht es darum, zu verstehen, was das Problem ist und was für jeden als Lösungsansätze passt. Deshalb stellen wir euch hier heute drei Müllvermeidungsideen vor, wovon wir zwei schon sehr lieben und mit einer immer noch kämpfen. Wir sind gespannt, ob wir euch mit den Ideen motivieren mitzumachen. Bitte berichtet uns davon in den Kommentaren!
Ab geht`s in unser kleines Testlabor für Nachhaltigkeit:

Die Essensrettung

Auf dem Nachhauseweg von der Arbeit komme ich jeden Tag an einer Bäckerei vorbei. Durch die großen Scheiben kann ich sehen, wie hier zum Feierabend alle vermeintlich alten Backwaren vom Tag in große Müllsäcke wandern. Das macht mich jedes mal aufs Neue wahnsinnig traurig und wütend. Die Zahlen zum Thema Lebensmittelverschwendung sind noch erschreckender: Jedes Jahr werden 18 Millionen Tonnen Essen alleine in Deutschland weggeworfen – sei es auf den Feldern, im Einzelhandel, in der Gastronomie oder zuhause. Davon sind satte 10 Millionen Tonnen vermeidbare Abfälle.
Zuhause gebe ich mir schon die größte Mühe, alles zu verwerten und so wenig Lebensmittel wie möglich wegzuschmeißen. Aber auch aus Supermärkten und Restaurants kann man jetzt noch gute Gerichte und Lebensmittel retten, die sonst in den Müll wandern würden. Und zwar u.a. mit der kostenlosen App Too Good To Go. Die benutze ich schon seit gut einem Jahr und bin jedes Mal wieder begeistert.
So geht`s:
Auf der App-Startseite bekommt man in einem voreingestellten Radius um den eigenen Standort herum Vorschläge, wo man sich übrig gebliebenes Essen kostengünstiger abholen kann. Ob zum Frühstück, Mittag oder Abendbrot werden Läden, Cafés, Supermärkte und Restaurants zum Durchklicken vorsortiert. Außerdem kann man nach bestimmten Kategorien wie Backwaren, Sushi, vegetarischen Gerichten etc. filtern. Hat man sich für eine Option entschieden, bei der das Angebot und die Abholzeit passen, erhält man in der App einen digitalen Kaufbeleg, den man vor Ort einfach vorzeigen und sein Essenspaket mitnehmen kann.
Das Beste: 
Man weiß vorher nie genau, was man bekommt – und ich liebe diesen Überraschungseffekt! Bei einem kleinen Obst- und Gemüseladen bei mir um die Ecke bekomme ich jedes Mal eine spannende Auswahl – teilweise mit Exoten, die ich sonst nicht im Supermarkt kaufen würde. So kochte ich vor Kurzem das erste Mal mit Okra-Schoten (richtig gut!), kam auf ganz neue Rezeptideen mit Chicoree oder Stangensellerie und machte aus angeditschten Äpfeln und Birnen ein leckeres Kompott mit Zimt. Auch für Sushi ist die App super – mein Freund und ich freuen uns jedes Mal über die Überraschungsröllchen.
Der Preis: 
Für eine Riesen-Tüte mit Obst und Gemüse zahle ich 3,90 Euro, was ich sehr fair finde. Backwaren bekommt man ab 3 Euro, Sushi ab 4 Euro und viele andere Gerichte wie Pasta, Pizza oder Kumpir-Kartoffeln für 3 bis 4 Euro.
Da geht noch mehr: 
Der Bäckerei, an der ich jeden Abend vorbeigehe, habe ich vorgeschlagen sich bei "Too Good To Go" anzumelden. Das geht nämlich auch als Händler ganz leicht. Beim Recherchieren zum Thema Lebensmittelrettung bin ich außerdem auf zwei weitere Start-ups gestoßen, die ich unbedingt demnächst testen will: Bei Etepetete bekommt man krummes Obst und Gemüse, das zu hässlich für den Verkauf im Supermarkt ist – bei SirPlus kann man (fast) abgelaufene, aber noch verwendbare online Lebensmittel einkaufen. Auf Nebenan.de gibt es manchmal übrigens auch Meldungen, dass die Nachbarn Essen abzugeben haben. Besonders oft kurz vor der Ferienzeit.

Das feste Shampoo

Ich habe mich selbst erwischt, wie ich mir bei fast jedem Friseurbesuch aus schlechtem Gewissen ein neues Haar-Produkt andrehen lassen habe. „Benutzt du wirklich nie Öl XY für deine Spitzen?“, „Du musst dein Haar mit Serum XY unbedingt pflegen, pflegen, pflegen," predigten mir verschiedene Figaros. Einfach an der Luft trocken lassen, geht anscheinend wirklich gar nicht. Nun gut, dann kauf ich dieses Produkt eben auch noch – aber verdammt ist das teuer!
Nach einiger Zeit musste ich mir eingestehen, dass ich auch mit verschiedenen Kuren und ca. 100 Beautyprodukten mehr im Schrank nicht wie Dornröschen, sondern eher wie Stuwwelpeter aussah. Die einzige Veränderung, die ich wirklich feststellen konnte, war der große Berg an Plastikverpackungen in meinem Bad.
Wie konnte es sein, dass ich in allen Bereichen des Lebens darauf bedacht war Plastik zu vermeiden, aber im Badezimmer immer wieder einknickte? Das wollte ich ändern, verschenkte alle Haarpflegen an meine Freundinnen und stieg auf festes Shampoo um.
Aber um ganz ehrlich zu sein, hatte ich bei diesem Versuch tierisch Angst um meine Haare und träumte sogar nachts davon mit Dreadlocks aufzuwachen.
Wo kann ich festes Shampoo kaufen?
Am Anfang dachte ich, dass es relativ kompliziert sein wird festes Shampoo zu finden, doch eigentlich wartet ein großes Angebot an jeder Ecke. Im Bio-Shop, online und sogar in der Drogerie – viele Marken bieten festes Shampoo an. Ich habe zum Beispiel Shampoostückchen von Boep, von Foamie (gibt`s bei dm) sowie von Lush getestet und bin bei der letzten Marke hängengeblieben. Besonders überrascht hat mich, dass man für jeden Haar-Typ das passende Shampoo und sogar Conditioner findet.
Was ist der Unterschied zwischen festem Shampoo und Haarseife?
Was ich vorher nicht wusste: Festes Shampoo und Haarseife sind nicht das Gleiche. Festes Shampoo ist wie jedes andere Shampoo – nur ohne Wasser. Haarseife dagegen setzt sich aus Fetten, Ölen und Lauge zusammen. Hier ist es besonders wichtig auf die Inhaltsstoffe zu achten, da Öle enthalten sein können, die von Natur aus fettiges Haar nicht frisch, sondern strähnig aussehen lassen. Auch der Kalkgehalt des Wassers spielt eine entscheidende Rolle. Hier muss man sich also durchtesten und höchstwahrscheinlich auch ein paar Bad-Hair-Days in Kauf nehmen. Mit festem Shampoo stand ich also auf der sicheren Seite.
Wie funktioniert die Anwendung?
Einfach das Shampoo-Stückchen mit zum Duschen nehmen, in die Hand einreiben und aufs Haar auftragen. An diese Prozedur musste ich mich erst einmal gewöhnen und auch beim Ausspülen war ich mir die ersten Male unsicher, ob wirklich jeder Shampoo-Rest entfernt wurde.
Doch auch festes Shampoo schäumt – anders als ich erwartet hatte. Nach dem Waschen ließen sich die Haare sehr gut durchbürsten und sahen unverändert aus. Puh, noch mal Glück gehabt.
In meiner Dusche stehen jetzt übrigens Tapas-Schälchen, schließlich muss man sich irgendeine Lösung für das verwendete Shampoo-Stückchen überlegen. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Falls ihr einen besseren Ort zur Aufbewahrung gefunden habt, bin ich dankbar für eure Tipps.
Ist festes Shampoo wirklich nachhaltiger?
Ich habe auf jeden Fall Verpackungsmüll und Plastik gespart und konnte mit dem festen Shampoo viel öfter meine Haare waschen als mit herkömmlichen Shampoo. Es ist also eine gute Alternative für alle, die mehr und mehr auf Plastik verzichten möchten – doch das Wellness-Gefühl beim Haarewaschen blieb aus, weshalb ich doch wieder auf mein herkömmliches Shampoo umgestiegen bin. Doch ich werde weiter an einer Lösung ohne Plastik arbeiten, die meine Haare und mich happy macht, versprochen!

Die Menstruationstasse

"Im Leben werde ich das nicht benutzen" - das war mein erster Gedanke, als mir meine Freundin (und unsere Ein Mahl etwas Gutes-Kolumnistin) Lynn Hoefer mir das erste Mal von einer Menstruationstasse vorschwärmte. Lynn ist in Nachhaltigkeitsdingen immer weit voraus und ich ja bekanntlich eher eine Spätzünderin. Also lächelte ich und dachte heimlich: "Gut für dich, nichts für mich".
Mittlerweile bin ich selbst Menstruationstassen-Missionarin. Seitdem ich diese kleinen wiederverwendbaren Blut-Auffangbecher benutze, erscheint mir das Benutzen von Tampons und Binden vollkommen absurd. Weil man den Müll und das Geld dafür so super einsparen kann. Es gibt diese Tassen übrigens schon seit gut achtzig Jahren, nur werden sie jetzt gerade erst zum Star.
Was mich am Anfang zurückhielt war das Unverständnis. Vielleicht geht`s euch ja ähnlich, dann helfe ich hier gern kurz weiter:
Wie soll so eine riesig erscheinende Tasse in meinen Unterleib kommen?
Gut, da sind zwei Kinder mit Riesenköpfen rausgekommen, aber rein sind sie deutlich kleiner. Ich weiß noch, wie Lynn und ich im Büro uns dieses Video anschauten und da machte es bei mir Klick. Ahhhhhhh, man drückt/rollt/knickt das quasi auf Tampongröße und schiebt es sich genau so einfach wie ebendiesen ein.
Und wie kommt die Tasse wieder raus?
Ebenfalls wie ein Tampon. Es gibt eine Art festes Bändchen, an dem man zieht. Sollte es unangenehm sein, die Tasse am Stück rauszuziehen, kann man mit dem Finger in die Vagina gehen und die Tasse etwas zusammendrücken beim Rausziehen. Dann im Klo auskippen, im Waschbecken auswaschen und wieder einsetzen.
Und was, wenn ich auf öffentlichen Toiletten bin?
Für die Fälle kann man sich entweder Reinigungstücher mitnehmen (nicht sehr umweltfreundlich, gibt`s aber hier zB aus Biobaumwolle), aber ehrlich gesagt war das bei mir noch nie nötig. Ich benutze die Tasse jetzt schon gut ein Jahr, bin viel unterwegs und da sie theoretisch 12 Stunden halten würde, kann man sie gut auswechseln, wenn man in einer Toilette ist mit Waschbecken im gleichen Raum. Ich schaue, dass ich sie alle drei, vier Stunden reinige.
Aber haben wir nicht alle unterschiedlich große Vaginen?
So riesig wie wir manchmal denken, sind die Unterschiede da nicht. Dank Lynn kam ich auf die Organic Cups und die gibt es in drei Größen – je nachdem, ob man ein Kind vaginal geboren hat oder nicht und für Jugendliche eine Miniausgabe. Die in hübsch Pink auf meinem Finger auf dem Foto ist von Einhorn. Gibt es in deren Shop oder auch bei DM.
Dürfen die Tassen in die Spülmaschine?
Kleiner Scherz. Nach jeder Periode kocht man die Tasse in einem Topf mit kochendem Wasser ab. Wer wie ich eine helle Tasse benutzt, wird irgendwann leichte Verfärbungen sehen. Auch dafür hat Lynn einen Trick: In Wasserstoffperoxid (bekommt man für 2 Euro in der Apotheke) einlegen, dann wird sie wieder wie neu. Muss aber nicht.
Und? Menstruiert ihr noch oder missioniert ihr schon? Rette ihr Gemüse und was sagen eure Haare zu all dem? Wir sind wirklich sehr gespannt!
Herzliche Grüße aus unserem kleinen Nachhaltigkeits-Testlabor,
Steffi, Marie & Lesley

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