Am Ende kommt immer alles zusammen. Immer dann, wenn man es gar nicht braucht. Alte Binsenweisheit. Kommt aber leider nicht aus der Mode. Passiert immer wieder und dann guckste. Dann guckste und denkst: Echt jetzt? Ich hatte doch alles top geplant, alles sensationell organisiert, alle Bälle in der Luft. Na gut, einen sah ich schon leicht absinken. Den anderen auch und klatsch, da lagen sie auf dem Boden.
Ist grad ein bisschen viel, sagt man dann oft. Also so Frauen wie ich, die gern viel wagen und eher nach dem Motto leben: Wird schon alles gut gehen. Tut`s ja meistens auch. Nur was tun, wenn es das nicht tut?
Diese drei Tricks wende ich immer an, wenn plötzlich alles von allen Seiten zusammenkracht. Abgabetermine vorgezogen werden, Aushilfen absagen, die Mitarbeiterin/Kollegin im Urlaub - es einfach so viel wird, dass man weiß: Das kann ich eigentlich nicht schaffen.
1.) Du wirst es schaffen. Nur nicht alles auf ein Mal. Deshalb reduziere alles auf die heißen drei!
Wenn die To-Do-Liste wie ein Tsunami angerollt kommt und einen zu überspülen versucht, hilft es auf die Stop-Taste im eigenen Film zu drücken. Genau, es ist nämlich nur ein Film - in unserem Kopf. Es kommt da doch gar kein Tsunami, oder? Na also. Es ist nur ein Gefühl des zu viels. Und das ist gut und das ist wichtig, es ist nur doof, wenn es keine wirkliche Alternative gibt. Man die Arbeit nicht delegieren kann, sie getan werden und man irgendwie da durch muss.
Ich drücke also auf Stop.
„Und dann rupf ich die Riesenwelle an To-Do`s auseinander.“ -
Stück für Stück. Bis nur noch die drei Dinge übrig bleiben, die am allerwichtigsten sind und wirklich noch heute gemacht werden müssen. Die schreibe ich mir auf einen großen weißen Zettel und lege sie mir neben den Computer. Alles andere weg. Nur der Zettel und ich.
Schweifen die Gedanken ab, kommen die Fragen schon wieder angerannt: "Wie soll ich das alles schaffen?!", "Warum eigentlich?!" starre ich auf den weißen Zettel, blende alles aus und mache weiter. Nur das. Nichts Neues anfangen, Nichts, das nicht bei den heißen drei steht. Nur das. Eins nach dem anderen abhaken. Und dann - ganz, ganz wichtig in solchen Phasen - Feierabend. Auf die Couch, ins Bett, zum Yoga - was auch immer gut tut. Oder noch so ansteht im Alltag - zum Beispiel Kinder ins Bett bringen. Nur nicht mehr Arbeiten, auch wenn die drei Dinge schneller abgehakt waren als gedacht. Pausen sind jetzt noch wichtiger als sonst. Das ist wie beim Hochleistungssport. Ich denk dann gern an die Weltmeisterschaft, wie die deutsche Mannschaft nach den Spielen ins Eiswasser ging oder massiert und mit saugutem Essen versorgt wurde. Sei dir auch selbst ein Jogi Löw.
2.) Denk daran, was du schon alles geschafft hast. Schreib es dir am besten auf!
In Momenten des Zweifels oder der Überforderung fällt einem so einfach ein, was man schon alles verkackt hat. Was man schon alles nicht hinbekommen hat.
„Was einem in solchen Momenten nicht einfällt: Was man schon alles geschafft hat.“ -
Deshalb schreibe ich es mir gern auf. In ein kleines Büchlein, das immer in meiner Handtasche mit dabei ist. Das kann man zur Not mal schnell auf Klo durchblättern und sich selbst anfeuern. Oder man macht dort einfach kurz die Augen zu und geht den Tag noch ein Mal von Anfang an durch und lobt sich für noch so kleine Dinge wie: Ich bin aufgestanden. Ich habe mich angezogen. Ich habe geduscht, die Zähne geputzt. Alle Kinder fertiggemacht. Dem Mann einen Kuss gegeben. Die Nachbarin gegrüsst. Einer Fremden den Weg erklärt. Eingekauft. Eine gute Email an einen Kunden geschickt. Was auch immer. Wir wuppen täglich so, so, so viel mehr, als das wir verkacken. Don`t forget!
3.) Bitte um Hilfe. Es ist hart, aber ähm, es hilft.
Manchmal habe ich dieses Bild im Kopf: Eine Frau versinkt im Schlick. Bis vor noch nicht allzu langer Zeit wäre ich mindestens bis zum Kinn eingesunken in dem Schlick, bevor ich mal ganz leise angefangen hätte zu sagen - Hilfe! Hallo? Ist da jemand, der vielleicht ganz kurz Zeit hätte mich vorm ähm erschlicken zu retten? Aber nur, wenn es keine Umstände macht. Ich möchte jetzt nicht stören, also wirklich nicht. Nein, rauchen Sie dahinten noch gern kurz auf, so schnell sterb`ich bestimmt nicht.
Heute überlege ich mir schon, wer mir helfen könnte, wenn ich den Schlick aus weiter Entfernung sehe. Weil darin erstmal einzusinken ist so viel zeitaufwendiger und blöder für alle, als dass ich früh genug sage: Könntest du mir kurz helfen? Das wäre großartig! Das schafft man nicht von heute auf Morgen. Menschen, die lieber selber helfen als um Hilfe zu bitten, müssen das üben. So wie Fahrrad fahren.
„Es wird nämlich gern geholfen, das Schwierige ist, darum zu bitten.“ -
Natürlich kann man alles organisieren, den Schlick schon Wochen vorher erspähen und sich Superhilfen noch und nöcher organisieren - und trotzdem kracht dann mitunter wieder alles zusammen. Doch dann fangen wir einfach wieder bei Punkt eins an. Doch vorher feiern wir uns noch kurz für alles, was wir bis dahin schon Tolles geschafft haben.
Oder, noch besser: Wir atmen mal kurz ganz in Ruhe ein und wieder aus und wieder ein und wieder aus, halten unser Gesicht in die Sonne, machen uns etwas Leckeres zu essen und zu trinken und dann schnappen wir sie uns, die heißen drei!
Oder genießen einfach, dass mal alles läuft.
Herzlich,
Steffi
Fotos - Abbie Bernet & Alejandro Alvarez