Oder: Sex auf 90 Zentimetern.
Oder: Unser Urlaub ist eine Baustelle.
Oder: Die Raubtierfütterung. In zehn Akten.
Oder: Und dann kam Donald Trump.
Oder
Oder
Oder
Überschriften für diese Geschichte hatte ich gleich viele im Kopf, aber die simple Frage: "Und? Wie war's?" zu beantworten, puh, das ist nicht so einfach. Es war schön, aber auch skuril, es gab ruhige Momente, aber auch sehr viele laute. Ob ich den Urlaub noch mal genau so buchen würde?
Ich fang mal von vorne an.
Unsere Kinder gehen in einen Kindergarten, der zwei Mal im Jahr schließt. Im März für eine Woche, im Sommer für zwei, beide Male in der Hauptferienzeit. Letztes Jahr haben wir versäumt, rechtzeitig zu überlegen, was wir in der Woche machen im März und landeten bei Regen Zuhause. Das war sehr, sehr anstrengend für alle Beteiligten und wir schworen uns: passiert nie wieder.
Also sollte es dieses Jahr in die Sonne gehen. Auch den Fehler aus unserem Sommerurlaub (zu heiß, zu wenig Programm vor Ort für unsere actionliebenden Kinder, zu wenig Entspannung für uns Eltern) wollten wir nicht wiederholen. So landeten wir auf Lanzarote in einem Familienclub. Wobei der offiziell nicht so bezeichnet wird. Er heißt
H10 Lanzarote Suites Gardens, macht auf der Homepage aber deutlich, dass Kinder sehr willkommen sind. Wir hatten bisher nur individuellen Urlaub gemacht, buchten jetzt pauschal, schluckten das mit dem Preis, den ich für die Hauptferienzeit und mit Halbpension im guten Mittelfeld finde, schluckten auch das mit den viereinhalb Stunden Flug und schalteten auf Vorfreude. Wir haben diese Reise übrigens komplett selbst bezahlt, nur kurz zur Info.
Als Vorurteile packte ich für den Cluburlaub ein: Nervige andere Kinder/Eltern, Stress um Liegen am Pool, aufdringliche Animateure, semigutes Essen, Abfertigungsprogramm.
Als Hoffnung hatten wir dabei: die Kinder zwischendurch mal kurz im dazugehörigen Kindergarten Spaß haben lassen, damit wir mal lesen/schlafen/schwimmen/kurz arbeiten/ was auch immer Eltern gern tun können.
Wir landen auf Lanzarote und es ist als würde uns jemand auf ein Fließband stellen. Wir werden auf angenehme Weise von A nach B befördert. Es ist für alles gesorgt und geht fix. Es wartet ein Bus, der uns direkt in den Club bringt. Dort ist alles vorbereitet und es gibt einen sehr geregelten Tagesablauf, dem man entspannt folgen kann. Von Frühstück bis abends Kinderdisco. Theoretisch muss man den Club auch gar nicht verlassen. Wir tun es auch nur für eine Morgenrunde am Strand, Besuche im Supermarkt und im Made in China-Shop gegenüber. Ansonsten laufen wir so mit im Club. Und machten doch unser Ding.
Zum Beispiel beim Essen. Ich habe noch nie so viele Eltern und Kinder auf ein Mal gesehen. Es gibt mehrere Buffetts, Live-Cooking, für alle Wünsche was dabei. Am ersten Abend setzen wir uns noch mitten in die Meute, bis uns die Ohren ernsthaft klingeln von der Geräuschkulisse. Ab dem nächsten Tag sitzen wir draußen in einer Art Wintergartenzelt. Da zieht es zwar etwas, aber es war so viel ruhiger.
„Wer sich fragt, wie machen das bloß alle anderen Eltern, sollte dringend einen Cluburlaub buchen.“ -
Da sieht man die Antwort jeden Tag: Kleinkinder, die sich auf den Boden schmeißen, weil sie nicht mehr laufen wollen, trotzen, weil man sie nicht in stachelige Kakteen klettern lässt (oder wie es gerade so schön in der Zeitschrift Eltern stand: man sich weigert, in ihren Saft zu spucken). Man sieht Eltern, die im Restaurant so synchron an allen Tischen aufspringen, um dem Kind noch was zu holen, spontan los fliegendes Essen aufzufangen, Dinge vom Boden aufzuheben oder eine ruhige Minute nutzen, um selbst mal etwas zu essen für sich zu holen. Würde man laut genug klassische Musik anstellen, hätte es etwas von einer Ballettaufführung.
Es hat etwas Beruhigendes, dies zu beobachten. Das jeder mal dran ist. Auch das wissende Lächeln, das man mit anderen Eltern teilt. Wenn man gar nichts sagen muss, sondern einfach nur anfängt laut zu lachen über das was passiert oder sich sogar ohne Worte Dinge reicht, weil man die gleichen Abläufe hat, weiß, was wer wann wie braucht. Wir gehen doch alle durch die gleichen wilden (Kleinkind-) Jahre. Man muss sich nur immer wieder daran erinnern. Das hilft beim lässig bleiben.
Dass es auf den Tischen Decken, Servietten gibt, die Kellner Tag für Tag wieder hübsch eindecken, obwohl es die Kinder in Sekundenschnelle zerstören, beeindruckt mich sehr. Wie geduldig und nett die Mitarbeiter sind, so etwas habe ich noch nie erlebt. Die lächeln die Kinder, nachdem sie alles in Schutt und Asche gelegt haben, sogar noch an und streicheln ihnen über den Kopf. Fegen hier und da zwischendurch unauffällig durchs größte Schlachtfeld und nehmen noch Bestellwünsche auf. Ich mache jetzt nicht das Riesenfass Kinderfreundlichkeit in Deutschland auf, aber halleluja ist es entspannend, wenn man mit seinen Kindern noch Tischmanieren übt und es nicht schlimm ist, wenn noch nicht alles gelingt.
Es gibt auch Momente, die ich ausblende: das Kind, das neben mir drei Mal nacheinander kräftig aufs Buffett hustet. Gott sei Dank auf die Donuts, die ich nicht mag. Der Urlauber, der mich (mit Sohn auf der Hüfte und Teller in der Hand) am Buffett anrempelt, wir uns ein kleines Ellbogenduell geben. Das eine Elternpaar mit Kinderleine, die mit Ipaddauerbeschallung fürs Baby am Tisch. Der Vater, der schon bei der Kinderdisco vor lauter Cognac torkelt. Das sind aber die Ausnahmen. Mit den meisten Familien verbindet uns überraschend viel.
Das Wetter ist sehr launisch, die Kinder erkälten sich, wir bekommen wenig Schlaf, der Kindergarten ist zu voll - es läuft nicht alles glatt in diesem Urlaub, aber trotzdem entspannen wir uns. Es gibt so viele schöne Momente des sich einfach aneinander kuschelns, zuschauens, miteinander Zeit verbringen und vertrödeln und ich muss an etwas denken, dass meine Freundin Inka mal über ihre kleine Familie sagte: "Heute habe ich uns so angeschaut, als wir da alle vier zusammen waren und fand uns einfach toll. Ich hab sogar gedacht: wir sind ja richtig cool." Daran muss ich oft denken in diesem Urlaub. Dabei geht es Null um Konkurrenz zu anderen, wer am coolsten ist. Ich beobachte uns nur einfach ein bisschen und denke: es ist alles gut. Wie schön das ist.
„Es wird also eher Häppchen-Erholung, kein großes Stück auf ein Mal.“ -
Was ich für das Alter unserer Kinder in so einem Urlaub aber auch keine Überraschung finde. So sehe ich es auch bei vielen anderen Eltern. Mal hat der Papa ein bisschen Zeit für sich, mal die Mama. Manche haben ihre (Schwieger-) Eltern dabei, befreundete Paare, andere urlauben zusammen ohne Männer nur mit der Freundin und Kindern. Es gibt sogar wenige Menschen ohne Kinder hier. Wie um Gottes willen die hier gelandet sind, frag ich mich. Haben die sich verbucht?
Irgendwann läuft es dann richtig gut. Wir haben unseren eigenen Rhytmus und Tricks der Masse ein bisschen aus dem Weg zu gehen. Drehen morgens eine Runde am Strand, sind abends oft die Letzten aufm Spielplatz. Wir genießen, dass täglich jemand unsere Betten macht und durchwischt, das wir nicht einkaufen und kochen müssen. Ich buche mir zwei (göttliche) Massagen im clubeigenen Spa und genieße es, meine vorher zurecht gelegten Outfits auszuführen, nur so für mich. Der Kindergarten ist viel leerer, die Betreuerinnen sind unglaublich nett, kreativ und liebevoll, unsere Kinder fragen schon morgens, ob sie hindürfen, weil da so toll gebastelt, Bilder auf die Beine gepinselt, gespielt, was auch immer wird. Und so liegen wir Eltern wirklich mal ein, zwei Stunden bei praller Sonne am Pool und lesen. Ganz alleine, ganz hinten in der letzten Reihe, weit weg vom Alarm. So geil.
Auf dem Rückflug überlegen wir, was wir dieses Jahr gerne noch als Familie erleben würden. Und nächstes Jahr, bevor das Jahr darauf dann die Schulzeit beginnt für Ruby und wir nicht mehr ganz so frei sind von den Zeiten. Welche Länder wir noch gern bereisen, welche Abenteuer uns zutrauen möchten, darüber sprechen wir in diesem Urlaub viel. Vielleicht auch ein Zeichen von Erholung. Wir haben wilde Phantasien und wer weiß, vielleicht geht es ja im Herbst schon los.
Urlaub mit Kindern ist etwas anderes als früher. Es gibt viel mehr verschiedene Bedürfnisse zu befriedigen. Das Schöne ist aber immer wieder zu merken: ach, Hauptsache wir sind zusammen und nehmen uns Zeit füreinander. Ganz egal wo.
Habt ihr auch schon mal Urlaub im Familienclub gemacht? Wo und wie war`s? Oder wie urlaubt ihr am liebsten mit Kindern?
Ich bin gespannt!
Herzlich,
Steffi